Der bekannte Historiker Prof. Dr. Ferdinand Opll hält am 27.1.2023 um 18 Uhr im Pfarrsaal der Pfarre von St. Erhard, 23, Endresstraße 117, einen Vortrag über Mauer:

Die in den Wiener Bezirken aufgegangenen, ehemals selbstständigen Ortsgemeinden haben ihr eigenständiges Profil in völlig unterschiedlicher Weise bewahren können. Im Rahmen der den heutigen 23. Wiener Gemeindebezirk bildenden acht alten Gemeinden, gilt dies für mehrere davon, doch in ganz besonderer Weise für Mauer. Der Altort, dessen Erstnennung auf das frühe 13. Jahrhundert zurückgeht, hat – in interessanter Weise zu Wien selbst – historisch vor allem als Ort des Weinbaus gleichsam Karriere gemacht. In älterer Zeit durch zwei Wienerwaldbäche, den Lindgraben- wie den Knotzenbach, und deren Kreuzung mit der alten Straße von Wien her (sogenannte „Gebirgsrandstraße“) maßgeblich in seiner Entwicklung geprägt. Sollten hier bereits ab dem 13. Jahrhundert zwei Herrschaftssitze entstehen, die Burg selbst und dann die sogenannte Engelsburg. Diese beiden Baukomplexe wurden nach 1750 als Kasernen verwendet, was mit der Präsenz von Militär ein neues Element in die Ortsentwicklung einbringen sollte. Für um diese Zeit neuen Wirtschaftszweig der Industrie wegen des Fehlens nutzbarer Wasserkraft kaum von Interesse, sollte Mauer ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem Ort der Sommerfrische für das benachbarte Wien werden. Die Verkehrsanbindung an die Metropole lief zunächst über die Südbahn (Bahnhof Atzgersdorf-Mauer), ab 1883 über die damals neu eröffnete Krauß’sche Dampftramway (Vorläuferin der Linie 60). Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ortsgemeinden erlebte Mauer in der Zwischenkriegszeit eine deutliche Bevölkerungsvermehrung (vor allem im Bereich des „Auhofer Trennstücks“), und 1927 erfolgte die Erhebung zur Marktgemeinde. Elf Jahre später, 1938, wurde die junge Marktgemeinde im Zuge der nationalsozialistischen Gebietsreformen gemeinsam mit zahlreichen anderen Orten des südlichen Wiener Umlandes nach Wien eingemeindet und als 25. Wiener Gemeindebezirk konstituiert. Der Zweite Weltkrieg bildete nicht zuletzt wegen der Luftabwehrkaserne auf dem Maurer Berg eine schwere Zeit für die hier Lebenden. 1954 sollte Mauer dann nach dem Inkrafttreten des Wiener Gebietsänderungsgesetzes Teil des nunmehr in neuem Umfang konstituierten 23. Wiener Gemeindebezirks werden (bzw. bleiben). Ein markantes Selbstbewusstsein prägt die Identität der hiesigen Bewohnerinnen und Bewohner bis zur Gegenwart, und man hört immer noch eher: „Ich bin ein ein Maurer/eine Maurerin!“ als „Ich bin ein Liesinger/eine Liesingerin!“